Venture Capital (Risikokapital) bedeutet: Professionelle Geldgeber stellen Kapital gegen Unternehmensanteile bereit und erwarten Rendite durch Wertsteigerung und späteren Verkauf der Anteile (Exit). Damit solche Beteiligungen funktionieren, muss die gewählte Rechtsform die Haftung begrenzen, Anteilsübertragungen ermöglichen und klare Spielregeln für Entscheidungen und Informationsflüsse bieten. In Deutschland erfüllt die GmbH (Gesellschaft mit beschränkter Haftung) diese Anforderungen am zuverlässigsten. Die UG (haftungsbeschränkt) kann für die frühe Phase genutzt werden, wird jedoch vor professionellen Finanzierungsrunden üblicherweise auf GmbH „hochgezogen“. Reformierte Personengesellschaften wie die eingetragene GbR (eGbR) sind trotz MoPeG-Update weiterhin nicht das Mittel der Wahl für VC-Prozesse.
Im Folgenden erklärt dieser Beitrag die wichtigsten Fachbegriffe und zeigt, was Investoren wirklich erwarten, wenn es um die Rechtsform geht.
Was Venture-Capital-Investoren strukturell erwarten
Für Beteiligungen werden drei Grundlagen benötigt:
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Haftungsbegrenzung: Das private Risiko der Gesellschafter ist auf die Einlage beschränkt.
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Beteiligungsfähigkeit: Anteile müssen übertragbar sein; Kapitalerhöhungen und neue Finanzierungsrunden müssen rechtssicher durchführbar sein (Verwässerung inklusive).
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Governance & Reporting: Zustimmungsrechte bei wichtigen Entscheidungen (Budget, Geschäftsführerwechsel, Unternehmenskauf/-verkauf), regelmäßige Berichte (z. B. Monatszahlen, Cash-Runway, Kern-KPIs) und praktikable Exit-Regeln.
Diese drei Punkte sind in der GmbH breit standardisiert und praxiserprobt.
GmbH und UG im Vergleich aus Venture-Captial-Sicht
GmbH (Gesellschaft mit beschränkter Haftung)
Die GmbH ist in Deutschland der Marktstandard für VC-finanzierte Unternehmen. Erforderlich sind 25.000 € Stammkapital (mindestens 12.500 € bei Gründung einzuzahlen). Das Kapital gehört der Gesellschaft, nicht den Privatpersonen.
Pro GmbH
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Marktüblich ab Seed-Phase
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Erprobter Rechtsrahmen für Mitspracherechte und Informationsrechte
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Kapitalerhöhungen und Runden technisch sauber umsetzbar
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Seriöses Signal an Banken, Behörden und Investor
Contra GmbH
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Notar-/Registerkosten bei Gründung und Änderungen
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Höhere Anfangskapitalbindung als bei der UG
UG (haftungsbeschränkt)
Die UG ist eine „kleine GmbH“ mit Einstieg ab 1 € Stammkapital. Ein Teil des Gewinns muss als Pflichtrücklage im Unternehmen verbleiben, bis das Mindestkapital der GmbH erreicht ist.
Pro UG
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Sehr schnelle, kostengünstige Gründung
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Für Pre-Seed/Eigenmittel-Phase tauglich
Contra UG
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Vor Venture-Capital-Runden meist verpflichtende Statushebung zur GmbH
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Pflichtrücklage bindet Liquidität
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Schwächeres Signal („noch nicht investment-ready“)
Praxis: UG allenfalls als Brücke nutzen; vor externer Runde die Statushebung zur GmbH terminieren.
Reformierte und alternative Rechtsformen
eGbR (eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts)
Mit dem MoPeG wurde die GbR rechtsfähig ausgestaltet und in ein neues Gesellschaftsregister überführbar. Damit sind nun u. a. fester Sitz, Firma (Name) und Registerpublizität möglich. An der Grundlogik ändert dies jedoch wenig:
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Es handelt sich weiterhin um eine Personengesellschaft ohne festes Stammkapital und ohne standardisierte Anteilsklassen.
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Gesellschafter haften grundsätzlich persönlich und gesamtschuldnerisch (eine vertragliche interne Abweichung ändert die Außenwirkung kaum).
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Ein- und Austritt, Abtretungen und Mitverwaltungsrechte sind meist personenbezogen organisiert; das erschwert skalierbare Cap-Table-Strukturen, wiederholte Kapitalerhöhungen und Zustimmungsrechte für Investor.
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Typische VC-Klauseln (z. B. Liquidationspräferenz, Vesting/Cliff, Drag-/Tag-along) lassen sich in der eGbR nicht so schlank und marktkonform abbilden wie in Kapitalgesellschaften.
Fazit eGbR: Trotz Registereintrag und höherer Rechtssicherheit bleibt die Form personenbetont und ist für standardisierte Beteiligungsprozesse ungeeignet.
OHG (Offene Handelsgesellschaft), PartG (Partnerschaftsgesellschaft), PartGmbB (Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung)
Diese Formen adressieren primär handelnde Kaufleute (OHG) sowie Freiberufler (PartG/PartGmbB).
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Haftung: In der OHG haften Gesellschafter regelmäßig unbeschränkt; in der PartGmbB wird lediglich die Berufshaftung auf das Gesellschaftsvermögen begrenzt – eine kapitalmarktfähige Haftungsbegrenzung wie bei der GmbH entsteht dadurch nicht.
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Beteiligungslogik: Es fehlen Anteile mit Nennbeträgen, Anteilsklassen und ein gewohntes Kapitalerhöhungsregime. Damit werden mehrere Finanzierungsrunden, Wandlungen (z. B. aus Wandeldarlehen) und Mitarbeiterbeteiligungen (VSOP/ESOP-ähnlich) unnötig komplex.
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Investorenrechte: Standard-VC-Mechaniken (Reserved Matters, Präferenzen, Drag/Tag) sind ungewöhnlich und rechtstechnisch aufwendiger umzusetzen.
Fazit OHG/PartG/PartGmbB: Für Freiberufler- oder Beratungspraxen sinnvoll, für VC-Strukturen aufgrund Haftung, Beteiligungslogik und Rundenfähigkeit nicht ausgelegt.
AG (Aktiengesellschaft) / SE (Societas Europaea)
Beide sind Kapitalgesellschaften mit Aktien als Beteiligungstitel.
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Strukturvorteile: Aktienklassen, Bevorrechtigungen, Wandlungen und breite Mitarbeiterprogramme lassen sich technisch sehr sauber abbilden; die Börsenfähigkeit (insb. AG) ist prinzipiell gegeben.
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Hürden: Mindestkapital (AG: 50.000 €; SE: mind. 120.000 €), strenge Organschaft (Vorstand/Aufsichtsrat), Hauptversammlungen, erweiterte Publizität und Transaktionsformalismus erhöhen Kosten und Administrationsaufwand deutlich.
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Praxis: In der Frühphase überwiegt meist der Aufwand. Sinnvoll vor allem bei späteren Phasen, Sonderregulierung (z. B. bestimmte FinTech-/Deeptech-Setups) oder klar geplanter Kapitalmarkt-Perspektive. Die SE erfordert zudem grenzüberschreitende Bezüge und erhöht den Einrichtungsaufwand.
Fazit AG/SE: Mächtig, aber in frühen Runden häufig überdimensioniert. Einsatz nur bei begründetem Bedarf.
Für die überwiegende Mehrheit VC-orientierter Neugründungen in Deutschland wird die GmbH bevorzugt: haftungsbeschränkt, investorenkompatibel, rundenfähig und mit marktüblichen Vertragsstandards (Vesting, Präferenzen, Drag/Tag, VSOP) schlank umsetzbar.
UG-Umwandlung zur GmbH: Ablauf der Statushebung
Die Umstellung ist eine Anhebung innerhalb des GmbH-Rechts – keine neue juristische Person. Der typische Ablauf wird folgend erklärt:
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Erhöhung des Stammkapitals auf 25.000 € (Bar- oder Sacheinlage)
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Satzungsänderung (Firma, Stammkapital, Governance-Regeln) mit notarieller Beurkundung
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Eintragung im Handelsregister; anschließend Aktualisierung bei Bank, Verträgen, Impressum, Marken
Empfehlung: Statushebung vor Term Sheet oder als Closing-Bedingung einplanen, um Zeitdruck im Beteiligungsprozess zu vermeiden.
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Signalwirkung der Rechtsform – Venture-Capital-Präferenzen
GmbH
Mit der GmbH wird eine investitionsbereite und professionelle Aufstellung für Venture-Capital-Geber signalisiert. Haftungsbegrenzung, eingezahltes Stammkapital und ein etablierter Rechtsrahmen für Kapitalerhöhungen, Mitarbeiterbeteiligungen (VSOP) und Investorenrechte (z. B. Zustimmungsrechte, Drag/Tag) gelten als marktüblich. Prozesse in Due Diligence, Notariat und Registerpraxis verlaufen in der Regel reibungslos. Dadurch wird die Wahrscheinlichkeit für zügige Term Sheets und saubere Closings erhöht.
UG (haftungsbeschränkt)
Bei der UG wird Frühphasigkeit erkennbar. Das geringe Stammkapital und die Pflicht zur Rücklagenbildung senden ein Signal der Vorgründungs- bzw. Testphase. In professionellen Runden wird zeitnahe Statushebung zur GmbH erwartet – idealerweise vor Signing oder als Closing-Bedingung vereinbart. Erfolgt dieser Schritt geplant und dokumentiert, wird das Signal neutralisiert; ohne klaren Fahrplan entsteht hingegen Verzögerungs- und Governance-Risiko.
eGbR / OHG / PartG
Diese Personengesellschaften senden das Signal „nicht Venture Capital tauglich“. Gründe sind u. a. persönliche Haftung (OHG), personenbezogene Mitgliedschaftsrechte, fehlende Standardmechaniken für wiederholte Kapitalerhöhungen, Investorenrechte und Cap-Table-Pflege. Für Beratungs- und Freiberufler-Setups sinnvoll, im Kontext von VC-Prozessen jedoch ein Negativsignal mit erhöhtem Strukturierungsaufwand.
AG / SE
Mit AG oder SE wird Ambition und Skalierungsfähigkeit angezeigt (Aktienklassen, Börsenfähigkeit, breite Mitarbeiterprogramme). In frühen Phasen werden jedoch Formalismus, Mindestkapital, Organpflichten (Vorstand/Aufsichtsrat) und Administrationskosten als überdimensioniert wahrgenommen. Ein positives Signal entsteht, wenn ein konkreter Kapitalmarktpfad, regulatorische Erfordernisse oder komplexe Beteiligungslogiken dies begründen; ohne klaren Anlass wird in der Frühphase unnötige Komplexität unterstellt.
Häufige Fehler bei der Rechtsformwahl für Venture Capital
Ein häufiger Stolperstein ist die verspätete Statushebung von der UG zur GmbH. Wird die Anhebung des Stammkapitals und die Satzungsänderung erst während laufender Verhandlungen angegangen, geraten notarielle Beurkundungen und Registereintragungen in den kritischen Pfad. Dadurch verlängern sich Fristen, das Momentum im Prozess geht verloren und das Closing wird unnötig verzögert. Vermeidbar ist dies, wenn die Umstellung frühzeitig terminiert und entweder vor dem Term Sheet abgeschlossen oder als klare Closing-Bedingung vertraglich fixiert wird. So bleibt der Transaktionskalender planbar und es entsteht kein zusätzlicher Zeitdruck kurz vor der Unterschrift.
Ein zweites, regelmäßig beobachtetes Problem ist das fehlende Vesting auf Gründeranteile. Ohne Vesting besteht das Risiko, dass Mitgründer früh ausscheiden und dennoch große Anteilsblöcke behalten. Für spätere Investoren ist das ein wesentliches Governance-Risiko. Marktüblich ist daher ein Modell mit Vesting über vier Jahre und einem Cliff von zwölf Monaten: Erst nach Ablauf des Cliff fällt der erste Anteilspaket-Block an; bis dahin „reift“ nichts. Mit dieser Regel wird die langfristige Bindung des Kernteams gesichert und die Anschlussfinanzierung erleichtert. Die Empfehlung lautet, Vesting früh zu implementieren, idealerweise noch vor der ersten externen Runde.
Häufig unterschätzt werden auch uneinheitliche Wandeldarlehen (Convertibles). Wenn frühe Darlehen unterschiedliche Bewertungsobergrenzen (Caps), Rabatte (Discounts) und fehlende Rangregelungen aufweisen, entstehen bei der Wandlung in der nächsten Runde Cap-Table-Konflikte. Einzelne Konvertierende erhalten dann deutlich günstigere Konditionen als andere, was die Verhandlung belastet und im Extremfall die Runde gefährdet. Abhilfe schafft eine Harmonisierung der Konditionen (einheitliche Caps/Discounts, klare Reihenfolge bzw. Gleichrang) sowie eine konsistente Definition der „qualifizierenden Finanzierung“ und der automatischen Wandlung.
Zu den gravierendsten Ausschlussgründen in der Investorenprüfung zählt eine unklare IP-Rechtslage (Intellectual Property). Wenn Quellcode, Marken oder Patente nicht sauber auf die Gesellschaft übertragen wurden – etwa weil Freelancer ohne umfassende Abtretungsklauseln gearbeitet haben – gilt dies in den Due-Diligences als K.-o.-Kriterium. Erwartet wird, dass sämtliche Nutzungs- und Verwertungsrechte bei der Gesellschaft liegen, mit lückenlos dokumentierter Rechtekette. Daher sollten Abtretungen in allen Dienstleister-, Freelancer- und Arbeitnehmerverträgen ausdrücklich geregelt und in einem zentralen Datenraum nachweisbar gehalten werden.
Für Details zu Förderbedingungen, Antrag und Ablauf des INVEST-Programms für Wagniskapital (Zuschüsse für Business-Angel-Investments) stellt das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) eine offizielle Informationsseite bereit.
Mehr zum Thema Wagniskapital findet man hier.
Entscheidungslogik für Gründer
Steht eine Ansprache von Venture-Capital-Investoren innerhalb der nächsten 6 bis 18 Monate an, sollten Existenzgründer bzw. Unternehmensgründer das Unternehmen direkt als GmbH aufgesetzen. Die GmbH sendet das gewünschte Professionalitätssignal, erlaubt marktübliche Investorenrechte und beschleunigt die Transaktion, weil keine Statushebung mehr nötig ist.
Ist bereits eine UG aktiv und zeichnet sich eine Finanzierungsrunde ab, sollte die Statushebung zur GmbH entweder vor dem Term Sheet vollzogen oder als verbindliche Closing-Bedingung festgeschrieben werden. Auf diese Weise wird der Prozess entkoppelt: Die gesellschaftsrechtliche Anhebung läuft planbar, ohne die Terminschiene des Investments zu blockieren.
Sind komplexe Aktienklassen, umfangreiche Mitarbeiterbeteiligungsprogramme und ein IPO-Pfad in überschaubarer Zeit realistisch, kann die AG oder SE als Rechtsform geprüft werden. Diese Entscheidung sollte jedoch ausschließlich auf Basis einer klaren Kosten-/Nutzen-Abwägung und mit erfahrenem Rechts- und Steuerbeistand getroffen werden, da Formalismus und laufender Administrationsaufwand im Vergleich zur GmbH deutlich höher ausfallen.
Fazit
Für Venture-Capital-Beteiligungen in Deutschland wird die GmbH als bevorzugte Rechtsform gesehen: Haftung ist klar begrenzt, Kapitalerhöhungen und Investorenrechte sind praxiserprobt, Mitarbeiterbeteiligungen (VSOP) lassen sich schlank umsetzen. Die UG (haftungsbeschränkt) kann als frühe Brücke dienen, sollte jedoch vor professionellen Runden auf GmbH angehoben werden. Reformierte Personengesellschaften wie eGbR, ebenso OHG/PartG/PartGmbB, bleiben für standardisierte Beteiligungslogiken ungeeignet. AG/SE bieten zwar maximale Gestaltungsfreiheit, verursachen in frühen Phasen jedoch unnötigen Formalismus und Kosten – sinnvoll vor allem bei klar begründetem Kapitalmarktpfad. Entscheidend ist, typische Deal-Hürden (Vesting, einheitliche Convertibles, saubere IP-Rechte, VSOP-Pool) vor der Investorenansprache zu klären, damit Term Sheet und Closing ohne Reibungsverluste erfolgen können.
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