Franchise oder Eigenmarke? Ein Entscheidungsraster für Gründer

Die Frage Franchise vs. Eigengründung“ gehört zu den wichtigsten Weichenstellungen auf dem Weg in die Selbstständigkeit. Beide Wege können erfolgreich sein – die Anforderungen, Freiheitsgrade, Margen und Risiken unterscheiden sich jedoch deutlich. Dieser praxisnahe Leitfaden erklärt ohne Technikjargon, wie sich Chancen realistisch bewerten lassen, welche Punkte im Franchise-Businessplan inkl. Finanzplan zu berücksichtigen sind und wie eine tragfähige Finanzierung vorbereitet wird. Am Ende steht ein einfaches Entscheidungsraster, das bei der Franchise-Entscheidung hilft.

Franchise: Was wirklich zählt

Franchise bedeutet: Gegen Gebühren (Eintritt, laufende System- und Marketingumlage) nutzen Existenzgründer und Gründer eine etablierte Marke samt erprobtem Know-how. Es existieren standardisierte Prozesse, Schulungen, Marketingmaterial, Einkaufskonditionen und oft Standortsupport. Im Gegenzug sind verbindliche Standards einzuhalten – etwa bei Sortiment, Preisrahmen, Corporate Design, Software, Reporting und Qualitätsprüfungen.
Die Eigengründung bietet maximale Freiheit bei Marke, Angebot, Preis und Positionierung; dafür fehlen anfangs Bekanntheit, Strukturen und Einkaufsvorteile. Beides ist weder „besser“ noch „schlechter“ – entscheidend ist der Fit zur eigenen Persönlichkeit, zum Kapitalbedarf und zum Zielmarkt.

Die vier Kernkriterien: Marke, Marge, Freiheit, Risiko

Marke: Ein starker Markenverbund schafft Startvertrauen, Sichtbarkeit und häufig höhere Erstnachfrage. Eine eigene Marke erfordert Aufbauarbeit und Budget, kann langfristig aber starken Wert entfalten.
Marge: Systemgebühren reduzieren den Deckungsbeitrag, werden teils durch bessere Einkaufspreise und Auslastung aufgefangen. Bei eigener Marke entfallen Gebühren, dafür entstehen Branding- und Lernkosten.
Freiheit: Betrieb im System heißt, Standards zu befolgen. Wer Produkt, Kommunikation und Preise weitgehend selbst gestalten möchte, fühlt sich im eigenen Konzept oft wohler.
Risiko: Erprobte Systemmodelle senken Konzept- und Marktrisiken. Bei der Eigengründung trägt man die vollständige Hypothese – hat dafür aber auch die volle Upside.

Das Entscheidungsraster – so wird „Bauchgefühl“ messbar

Bewerten Sie jede Kategorie auf einer Skala von 1 (trifft kaum zu) bis 5 (trifft sehr zu). Addieren Sie die Punkte je Spalte.

Franchise-Perspektive

  • Marke braucht Startvertrauen in Ihrer Zielgruppe (1–5).

  • Sie schätzen klare Standards, SOPs und Audits (1–5).

  • Sie bevorzugen schnelle eine Time-to-Market (1–5).

  • Sie wollen erprobte Lieferketten & Einkaufsvorteile (1–5).

  • Gebühren sind akzeptabel, wenn der Umsatz/Auslastung stimmt (1–5).

Eigenmarken-Perspektive

  • Sie wollen Angebot/Preise/Design frei gestalten (1–5)

  • Sie investieren gern in Marke & Content-Aufbau (1–5)

  • Sie sind bereit, Markttests & Iterationen zu tragen (1–5)

  • Sie möchten gebührenfrei skalieren (1–5)

  • Sie akzeptieren längere Anlaufzeiten (1–5)

Überwiegt die Punktzahl auf der Franchise-Seite, lohnt ein vertiefender Blick auf passende Systeme. Überwiegt die Eigenmarken-Seite, spricht vieles für ein eigenes Konzept. In der Praxis liegen viele Entrepreneure dazwischen – dann kann ein Hybrid sinnvoll sein: Start im Franchise zur Lernkurve, später Parallelaufbau einer kleinen Eigenlinie (sofern vertraglich zulässig).

Businessplan: Was Banken und Systemgeber sehen wollen

Ob Franchise-Businessplan oder Konzept für die Eigenmarke – die Bausteine sind ähnlich, der Fokus unterscheidet sich.

Markt & Standort: In Systemen zählen Erfahrungswerte mit vergleichbaren Lagen; bei der Eigenmarke stehen Positionierung und lokale Nachfrageanalyse im Vordergrund (Einzugsgebiet, Frequenz, Kaufkraft, Konkurrenz).

Leistung & Preis: Im Markenverbund gelten oft Standard-Portfolios, Preiskorridore und Cross-Selling-Vorgaben. Eigene Konzepte müssen Angebotslogik, Alleinstellung, Preisstrategie und Testplan klar begründen.

Marketing & Vertrieb: Systeme liefern Kampagnen, Vorlagen, Bewertungen und Performance-Know-how; eigenständige Marken brauchen Content-Plan, Local-SEO, Social-Proof und Kooperationspartner.

Organisation & Personal: In etablierten Modellen existieren Schulungen und SOPs; bei der Eigenmarke sind Prozesse, Onboarding und Qualitätskontrolle detailliert zu beschreiben.

Recht & Vertrag: Der Systemvertrag (z. B. Gebietsschutz, Pflichten, Bezugsbindung, Berichtswesen, Exit-Regeln) gehört sauber zusammengefasst. Für die Eigenmarke sind u. a. Markenanmeldung, AGB, Datenschutz und Genehmigungen zu klären.

Tipp: Auch aus der Arbeitslosigkeit lässt sich ein Franchise gründen. Lesen Sie dazu unseren Beitrag: AVGS-Coaching für Franchise-Gründer: Warum eine professionelle Vorbereitung entscheidend ist

Finanzplan: Gebühren, Break-even, Puffer – realistisch rechnen

Der Finanzplan ist das Herzstück jeder Finanzierung. Typische Besonderheiten:

  • Investitionen & Anlaufkosten: Franchise verlangt Eintrittsgebühr, Umbau nach CI, Erstausstattung und Schulungen. Die Eigenmarke investiert in Marke, Website, Einrichtung, erste Kampagnen.

  • Laufende Kosten: Franchise- und Marketinggebühr, Waren-/Wareneinsatz, Personal, Miete, Energie, IT, Versicherungen; bei Eigenmarke zusätzlich höhere Marketing- und Lernkosten.

  • Erlösannahmen: Beim Franchise oft belastbarer (Systembenchmarks); bei Eigenmarke konservativ starten und mit Ramp-up-Kurven rechnen.

  • Break-even & Cash: Monatliche Fixkosten durch Deckungsbeitrag teilen – daraus ergibt sich die notwendige Auslastung. Für beide Wege gilt: Liquiditätspuffer von 3–6 Monatsfixkosten einplanen.

  • Steuern & Rechtsform: Gewerbesteuer/Hebesatz am Standort berücksichtigen; bei Kapitalgesellschaften zusätzlich Körperschaftsteuer.

  • Sensitivitäten: Was passiert bei 10–20 % weniger Umsatz? Wie wirken 2 Prozentpunkte höhere Gebühren? Diese Fragen gehören in jedes Bankgespräch.

Finanzierung: Eigenkapital, Förderkredit, Bürgschaft

Die gängigen Bausteine einer Finanzierung:

  • Eigenkapital: Verbessert Konditionen, reduziert Risiko.

  • Förderdarlehen (z. B. KfW/Landesprogramme): Lange Laufzeiten, tilgungsfreie Anlaufzeit; ideal für Ausstattung und Anlauf.

  • Bürgschaftsbanken: Erhöhen Chancen, wenn Sicherheiten fehlen.

  • Leasing/Mietkauf: Für Ausstattung sinnvoll, aber Raten im Liquiditätsplan realistisch einpreisen.

Franchisegeber liefern häufig Unterlagen-Templates; diese sollten jedoch unternehmerisch geprüft und an Standort, Mietvertrag und Team angepasst werden. Banken erwarten einen nachvollziehbaren Franchise-Businessplan inkl. Finanzplan, nicht nur Systemprospekte.

Praxisbeispiel: Zwei Wege, ein Ziel

Anna wählt ein Franchise mit hoher Markenbekanntheit. Sie akzeptiert eine Gesamtgebühr von 8 % vom Umsatz und erhält dafür Standortsupport, Einkaufsvorteile und Kampagnen. Ihr Break-even liegt bei 58 T€ Monatsumsatz; dank System-Know-how erreicht sie den Punkt in Monat 8.

Ben startet eine Eigenmarke: mehr Freiheitsgrade, keine Gebühren, dafür intensive Markenarbeit. Sein Break-even liegt bei 46 T€, allerdings erreicht er diesen erst in Monat 12. Ab Monat 18 liegt seine Marge über Annas – weil keine Gebühren anfallen und Marketing effizienter geworden ist. Fazit: Beide Wege sind tragfähig – die Frage ist, welcher Pfad besser zur eigenen Persönlichkeit, Kapitalbasis und Zeithorizont passt.

Häufige Fehler. Und wie sie vermieden werden

  • Gebühren unterschätzen: Neben Franchise- und Marketinggebühr auch lokale Marketingpflichten, IT-/Lizenzkosten und Audit-Aufwände einplanen.

  • Zu optimistische Umsätze: Bei Franchise Benchmarks prüfen; bei Eigenmarke konservativ starten und harte Meilensteine definieren.

  • Puffer zu klein: Anlauf dauert fast immer länger als geplant. Liquidität ernsthaft absichern.

  • Vertrag blind unterschreiben: Gebietsschutz, Bezugsbindung, Kündigungs- und Exit-Regeln juristisch prüfen lassen.

  • Copy-Paste-Businessplan: Banken erkennen Vorlagen. Zahlen und Annahmen müssen zum Standort und zur Person passen.

Redaktionstipp: Der deutsche Franchiseverband gibt regelmäßig Ratgeber und Leitfäden für eine gelungene Existenzgründung/Gründung im Franchising heraus.

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Fazit

Ob Franchise oder Eigenmarke – beide Wege können wirtschaftlich tragfähig sein. Die Entscheidung sollte weniger aus dem Bauch heraus als entlang klarer Kriterien fallen: Marke, Marge, Freiheit und Risiko. Wer schnelle Marktzugänge, erprobte Prozesse und Einkaufsvorteile sucht, findet diese häufig im System. Wer maximale Gestaltungsfreiheit und langfristig höhere Ergebnishoheit anstrebt, ist mit einer Eigengründung besser bedient – akzeptiert dafür Lernkurven und längere Anlaufzeiten. Unabhängig vom Weg gilt: Ein belastbarer Franchise-Businessplan bzw. Businessplan für die Eigenmarke, ein realistischer Finanzplan (inkl. Puffer und Sensitivitäten) sowie eine sauber strukturierte Finanzierung entscheiden über Bank- und Umsetzungserfolg. Nutzen Sie das Entscheidungsraster, prüfen Sie Standort, Vertrag bzw. Markenstrategie und testen Sie Annahmen früh. So wird aus der Franchise-Entscheidung kein Glücksspiel, sondern ein planbarer Einstieg in die Selbstständigkeit.

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FAQ

Was spricht für ein Franchise gegenüber einer Eigengründung?
Erprobte Marke, Prozesse, Einkaufsvorteile und schnellerer Markteintritt. Dafür fallen Eintritts- und laufende Gebühren an und es gibt verbindliche Standards.

Worin liegen die Stärken der Eigengründung?
Maximale Gestaltungsfreiheit bei Angebot, Preis und Marke sowie volle Margenhoheit – jedoch mit längerer Anlaufzeit und höherem Marktrisiko.

Welche Punkte gehören zwingend in den Franchise-Businessplan?
Standort- & Marktanalyse, Leistungs- und Preislogik, Marketing- & Vertriebsplan, Organisation/Personal, Vertragszusammenfassung (Gebühren, Gebietsschutz, Pflichten) sowie ein belastbarer Finanzplan.

Wie kalkuliere ich im Finanzplan realistisch?
Gebühren (Franchise/Marketing), Fixkosten, Wareneinsatz, konservative Umsatzrampe, Break-even, Liquiditätspuffer (3–6 Monatsfixkosten) und Sensitivitäten (−10/−20 % Umsatz).

Welche Finanzierungsbausteine sind üblich?
Eigenkapital, Förderdarlehen (z. B. KfW/Landesprogramme) mit tilgungsfreier Anlaufzeit, Bürgschaftsbank sowie ggf. Leasing/Mietkauf für Ausstattung.

Wie treffe ich die Franchise-Entscheidung strukturiert?
Mit einem Raster aus vier Kriterien: Marke, Marge, Freiheit, Risiko – je nach persönlichem Profil und Kapitalbasis gewichten, Punkte addieren, Annahmen testen.

Welche Vertragsklauseln sollte ich besonders prüfen?
Gebietsschutz, Bezugsbindung, Laufzeit & Verlängerung, Berichtspflichten, Audit- und Marketingumlagen, Kündigungs-/Exit-Regeln, Wettbewerbsverbote.

Wie minimiere ich das Risiko beim Start?
Standortdaten validieren, Umsätze konservativ planen, ausreichende Liquidität sichern, Probe-Marketing vorab testen und Unterlagen vor Bankgespräch extern prüfen lassen.

Wann lohnt sich ein Hybridansatz?
Wenn Lernkurve und Tempo des Franchise gewünscht sind, aber später – vertraglich zulässig – eine kleine Eigenlinie aufgebaut werden soll.

Was erwarten Banken im Gespräch?
Einen bankfähigen Businessplan mit Zahlen, die zum Standort passen, einen plausiblen Finanzplan, Nachweise/Angebote sowie klare Antworten zu Risiken und Gegenmaßnahmen.

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